III.
RELIGIÖSE PRAKTIKEN

Hinsichtlich ihrer religiösen Praktiken besitzt Scientology ganz typische zeremonielle religiöse Formen, die bei den Weltreligionen gleichfalls gefunden werden, nämlich Riten der Einführung oder Taufe (die von Scientologen „Namensgebung“ genannt wird), der Eheschließung, der Bestattung usw. Eine zentrale religiöse Praktik in Scientology jedoch ist das Auditing, das in etwa mit den fortschreitenden Stufen der Meditation bei Katholiken, Buddhisten und Anhängern des Vedanta-Hinduismus vergleichbar ist. Eine Begleiterscheinung des Auditings ist die Scientology Ausbildung, die ich unter Absatz III b) genauer beschreiben werde.

a) Auditing ist eine Art religiöser Lernprozess, durch den ein spiritueller Führer (ausgebildeter Scientology Geistlicher) Anhänger durch die verschiedenen Stadien spiritueller Erleuchtung führt. Scientologen glauben, dass dieses aktive Durchlaufen der verschiedenen Stufen des Auditingprozesses zu einer Befreiung der Seele oder des „Thetans“ von seinen verwirrenden Leiden oder „Engrammen“ führt. Die Stadien des Auditings werden „Grade“ oder „Stufen“ genannt und sind auf der „Klassifizierungs-, Gradierungs- und Bewusstseinskarte“ der Scientology Kirche abgebildet. Diese Karte stellt metaphorisch den Abstand zwischen den niedrigeren und höheren Ebenen spiritueller Existenz dar. Scientologen nennen diese Karte „Die Brücke zur vollkommenen Freiheit“ oder einfach „Die Brücke“. Sie zeigt das spirituelle Kontinuum auf, das sich von der negativen „Nicht-Existenz“ über die mittlere Ebene von „Kommunikation“, „Erleuchtung“ und „Fähigkeit“ bis hin zu „Clearing“ und „Ursprung“ und letztendlich zu „Macht auf allen acht Dynamiken“ erstreckt. Das Meiste der religiösen Praktiken der Scientology Kirche konzentriert sich hauptsächlich auf Auditing und Ausbildungskurse zum Zweck der Erleuchtung und der Ausbildung von Auditoren, die seelsorgerischen Berater der Kirche. Diese aufeinanderfolgenden Stufen erinnern bemerkenswert an die Stadien und Stufen religiöser und spiritueller Erleuchtung der christlichen Abhandlungen Des Heiligen Bonaventura Weg des Geistes zu Gott des Heiligen Bonaventura, einem franziskanischen Theologen aus dem Mittelalter, und die Ignatianischen Exerzitien des Heiligen Ignatius von Loyola, dem Begründer des Jesuitenordens. Die spirituelle Zielsetzung des Auditings ist es, zunächst „Clear“ zu werden, d. h. frei von schädlichen „Engrammen“, und danach ein vollständiger „Operierender Thetan“ (OT) zu werden, um „Ursache über Leben, Denken, Materie, Energie, Raum und Zeit“ zu sein. Während sich Scientologen nicht gegen das Aufsuchen eines Arztes zur Behandlung körperlicher Leiden wenden, treten sie der Anwendung bewusstseinsverändernder Drogen entschlossen entgegen, da diese nach ihrer Überzeugung dem geistigen und spirituellen Heil der Seele im Wege stehen, anstatt es zu fördern.

b) Die andere religiöse Kernpraktik der Scientology Kirche ist Ausbildung, die ein intensives Studium der Schriften der Kirche umfasst. Wenngleich ein wichtiger Aspekt der Ausbildung dabei die Ausbildung von Auditoren ist, die fähig sind, die Gemeindemitglieder zu auditieren, so hat die Auditorenausbildung eine ebenso wichtige individuelle, spirituelle Komponente. Wie später beschrieben, steht dieses spirituelle Element im Einklang mit der Betonung bei der Scientology und östlichen Religionen auf religiöse Praktiken wie Meditation und Studium der Lehre statt auf den zeremoniellen Gottesdienst, der bei den meisten westlichen Religionen vorherrscht. Die Scientology Doktrin besagt, dass den Glaubensmitgliedern auf ihrem Weg die „Brücke“ hinauf durch die Ausbildung genau die Hälfte ihres spirituellen Gewinns zuteilwird.

IV. Die Kirchengemeinde
WEISSBUCH HERUNTERLADEN